Farben des Frühlings – Farben der Trauer

Das Herz gibt allem, was der Mensch sieht, hört und weiss, die Farbe.
J.H. Pestalozzi

 

Heute am 20. März 2023 ist Frühlingsanfang, Frühlings-Tagundnachtgleiche. Der Tag und die Nacht sind gleich lang, halten sich die Waage und alle Kraft strömt ab jetzt Richtung Werden, gedeihen und wachsen… Die Luft füllt sich wieder mit Tönen, bereits am Morgen früh zwitschern die Vögel. Die Tage werden merklich länger und heller. Die Farben werden intensiver und wieder farbiger und viele Knospen sind kurz davor aufzubrechen, um ihre Pracht strahlen zu lassen. Auch meine Energie ist sich am Anheben, ich spüre Tatendrang und habe viele Ideen im Kopf und auch wieder viel mehr Elan diese anzugehen.

 

Wie mag es wohl Menschen in der Trauer im Frühling ergehen? Betroffene erzählen, dass sie zu keiner anderen Jahreszeit so starke, ambivalente Gefühle zwischen innen und aussen erleben wie im Frühling. Eine Betroffene Frau beschrieb mir ein halbes Jahr nach einem schweren Schicksalsschlag folgende Wahrnehmung:

“Die Diskrepanz zwischen innen und aussen ist gross. Die Augen sehen, die Ohren hören, die Nase riecht…. Im Herz ist Brachzeit.”

Brachzeit
Vom Winter lernen
der Stille vertrauen
der Sprengkraft des Unsichtbaren
und dem Sammeln in den Kammern
während der Brachzeit.
Vom Winter
wieder lernen
sich überschneien lassen
ohne Furcht.
Eveline Hasler

 

Die «Ver»-Bindungsarbeit die Trauernde Menschen nach einem Todesfall leisten, braucht im Frühling grosse Anstrengung, weil die inneren Gefühle nicht mit der äusseren Entwicklung in der Natur übereinstimmen.

“Sie spüren die Ambivalenz, das Schmerzhafte auszuhalten und dem, was neu werden will, in ihnen Raum zu geben. Die Farben des Frühlings aktivieren die Farben der Trauer und kennzeichnen beide Farbspektren überdeutlich: Das Helle und das Dunkle, das Leichte und das Schwere, das Neue und das Alte – Anfang und Ende. Das eine mit dem anderen zu verbinden und mit beiden in eine Balance zu kommen, ist eine kräftezehrende Lebensleistung, ein Trauer und Lebensprozess, der tiefen Respekt und Anerkennung verdient. Immer wieder mit Achtung und Demut anerkennen, dass die schweren und (ver)wandelbaren Wege von trauernden Menschen, die mit einem Herzen sehen, hören, wissen und fühlen, mehr Farben kennt als die des Frühlings…”

 

 

 

Verfasst von Christa Roth

Nach dem Buch: Rituale in der Trauer aus dem E&R Verlag, Christa Pauls, Uwe Sanneck Anja Wiese